Die queere Community und das Abstammungsrecht
Manchmal kann ich nur den Kopf schütteln…
Auf Facebook gibt es diverse Gruppen für Regenbogenfamilien um sich auszutauschen und gegenseitig zu helfen. Sicherlich sehr sinnvoll für viele queere Paare. Aber was dort teilweise für Ansichten bzw. Meinungen vorherrschen finde ich merkwürdig.
So zum Beispiel zum Abstammungsrecht und zu den geplanten Anpassungen durch die neue Bundesregierung. Es wird dann in einer solchen Gruppe diskutiert, wie genau die Änderung wohl aussehen wird. Und dann wird doch tatsächlich die These aufgestellt, dass der 2. Elternteil nur dann eingetragen werden kann, wenn das Kind durch eine Kinderwunschbehandlung in einer Klinik entstanden ist. Wenn Paare an Hand einer privaten Samenspende ein Kind bekommen haben, dann würde es sicher weiter nötig sein eine Stiefkindadoption durchzuführen. Begründung: Der Staat müsse sich ja absichern und die Rechte des Samenspenders gewahrt bleiben.
Wenn ich so etwas von einem Mitglied der queeren Community lese, verstehe ich die Welt nicht mehr. Wie können wir denn hoffen/erwarten, dass das Abstammungsrecht umfassend reformiert wird, wenn so engstirnige Kommentare aus der eigenen Community kommen. Wieso muss denn der Staat sich absichern? Und wieso müssen die Rechte eines privaten Samenspenders gewahrt bleiben? Und vor allem: Wieso muss dies nur in Regenbogenfamilien der Fall sein?
Kleines Gedankenspiel: Ein Mann und eine Frau bekommen ein Kind. Sind sie verheiratet, wird der Mann automatisch als Vater in die Geburtsurkunde eingetragen. Sind sie nicht verheiratet, reicht ein einfacher Gang zum Jugendamt um dort die Vaterschaft anzuerkennen. Fragt hier irgendjemand nach, wie das Kind entstanden ist (z.B. durch KiWu Behandlung)? Wird hier ein Gen-Test gemacht, um zu prüfen ob der Vater denn auch wirklich der genetische Vater ist (sprich ob das Kind wirklich vom Vater „abstammt“)? Einfache Antwort: Nein! Also wäre es doch möglich, dass die Frau durch private/offizielle Samenspende schwanger geworden ist und trotzdem wird der Ehemann automatisch als Vater eingetragen bzw. der Partner kann die Vaterschaft anerkennen.
Also warum sollte da bei uns Regenbogenfamilien nachgefragt werden, wie das Kind entstanden ist? Das macht uns doch nur wieder zu einem Sonderfall. Und wenn aus der queeren Community solche Kommentare kommen und damit sozusagen noch Verständnis für ein solches Vorgehen geäußert wird, dann verstehe ich eben die Welt nicht mehr.
Ich kann nur hoffen, dass die Politik da weitsichtiger ist, als manche Personen der queeren Community.
Und für alle, die nicht wissen was da eigentlich aktuell im Gesetz steht, hier die beiden relevanten Paragrafen:
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) § 1591 Mutterschaft
Mutter eines Kindes ist die Frau, die es geboren hat.
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) § 1592 Vaterschaft
Vater eines Kindes ist der Mann,
1. der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist,
2. der die Vaterschaft anerkannt hat oder
3. dessen Vaterschaft nach § 1600d oder § 182 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gerichtlich festgestellt ist.
Wenn der zweite Elternteil also nun keinen männlichen Geschlechtseintrag hat (sprich: weiblich, divers oder kein Geschlechtseintrag), dann ist es aktuell nicht möglich diesen direkt ab Geburt des Kindes in die Geburtsurkunde und das Geburtenregister aufzunehmen.
Genauso problematisch ist es übrigens, wenn die gebährende Person sich nicht (mehr) als Frau identifiziert und daher den Namen und Geschlechtseintrag hat ändern lassen. Dann passiert nämlich folgendes: In die Geburtsurkunde des Kindes wird die gebährende Person als Mutter (mit ihrem früheren Vornamen) eingetragen. D.h. es wird hier eine Person eingetragen, die es faktisch gar nicht mehr gibt. Auch deswegen ist es so wichtig, dass das Abstammungsrecht überarbeitet wird.
K. und ich sind weiterhin der Meinung, dass wir uns den diskriminierenden Prozess der Stiefkindadoption nicht antun wollen. Denn es gibt hier kein Stiefkind! K. ist die Mutter von unserem Kind, eine Adoption fühlt sich für uns absolut nicht richtig an.
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